Landmarken
Michael Fischer-Art • Farbschocktherapie
Ausstellung 4.11.2010 - 27.1.2011.
Die Fotos auf der linken Seite zeigen
- Gemälde Sinn des Lebens
- Gemälde Freiheit
- Entwürfe einer " Farbschocktherapie" für Stuttgarter Gebäude
- das große Wandgemälde auf der Rückwand des Marriott - Hotels in Leipzig
- Fotos eines Atelierbesuchs im Oktober 2010.
Biographie
Michael Fischer – Art hat ein hohes Tempo, beim Sprechen, Laufen, Arbeiten. Man kommt ihm kaum hinterher, er hat keine Zeit zu verlieren, es gibt so viele Projekte und Sachen, die er gerne machen möchte. Man trifft ihn selten in seinem Atelier in den Brühl Arkaden in Leipzig, mehr Glück hat man schon am Handy, wenn er gerade irgendwo auf der Welt eine Häuserfront bemalt, den „Mauerfall“ begleitet, Vorlesungen hält, Marathon läuft, oder Kindern aus sozialen Brennpunkten das Malen beibringt.
Er macht sein eigenes Ding, genießt diese Freiheit und lehnt es ab, sich den Regeln und politischen Spielchen der Galeristen anzupassen. Er ist vollkommen unkonventionell, und irgendwie wütend im Dauerzustand, vielleicht ist es deshalb so schwer, ihn zu fassen und treffend zu beschreiben.
Am besten kann er das so oder so selbst. Und das könnte er stundenlang, ohne dass das Zuhören ermüdend wäre.
Geboren 1969 in Leipzig, stößt er schon früh in seiner Leidenschaft für Kunst an die Grenzen des sozialistischen Realismus, den er ablehnt, und absolviert stattdessen eine Lehre als Maurer und Maler, arbeitet als Hausmeister und beginnt Ende der 80 er Jahre eine Ausbildung zum Psychiatriepfleger. In der künstlerischen Arbeit mit den Patienten kann er seine eigene Kreativität entfalten.
„ Farbenfrohe Bilder von eingesperrten Psychiatriepatienten sah man nicht als ideologische Bedrohung für das System an. Haha, wie sie sich doch irrten!“
(Fischer - Art in einem Gespräch mit Marleen Laschet Landmarken 2007)
Ab 1987 engagiert er sich in der politischen Widerstandsbewegung und gestaltet Banner und Flugblätter für Friedensdemonstrationen. Diese lagern heute im Historischen Museum in Bonn.
Nach dem Fall der Mauer macht er sein Abitur im Abendstudium und studiert bis 1997 an der Hochschule für Graphik und Buchkunst (HGB) in Leipzig. Bereits während seines Studiums fällt er als respektlos kritischer und selbstbewusster Student auf - er nennt sich jetzt Michael Fischer – Art - der seine Kommilitonen und Lehrer mit seiner Farbschocktherapie aufrüttelt, weil er befürchtet, dass diese als angepasste „ Graukleckser „ verkommen, oder indem er seine Professoren ermahnt, frischen Wind, sprich Sauerstoff, ins Kollegium zu holen, und frei werdende C4 Stellen nicht mit „ sozialistischen Altlasten„ zu besetzen.
„ In einer Stadt, wie Leipzig, in der vierzig Jahre der Zensor gewütet hat, verwundert es nicht, dass die Kinder der verschlafenen Revolution im eigenen Saft bereits verschimmelt sind – bevor überhaupt der Gedanke Zukunft in den mentalen Scanner eingedrungen ist“. ( Der Weg zum Farbschock und zurück 1995)
Für ihn sind gestylte Räume und Bildwelten eine hemmungslose Vergeudung von Zeit, Energie und Sauerstoff, und eine ökologisch –ökonomisch, sozial und selbstredend ästhetische Zumutung, die sich in einem Begriff manifestiert: Innen – und Aussenräume werden „ gestylt“ – entweder unter Verwendung eines Mischmaschs aus Stilzitaten oder regelrechter Stil-Losigkeit..
„Wie ein Gewitter die Atmosphäre reinigt, kann auch ein Schock heilsam sein. Immer beginnt das Neue im Affront . Es ist also legitim, den Farbschock als Farbschocktherapie im Verlauf der „ Real Kapitalistischen Konterrevolution“ rücksichtslos einzusetzen. Nicht Bildersturm, denn der ermüdet schnell, sondern exzessive Farbigkeit im Einheitsbrei des Kunstgeschehens“( Das Diplom und andere Verbrechen 1995)
Und so sind seine Bilderwelten kritisch, provozierend und bunt.
Früh ist er erfolgreich auf der „ Art Cologne „ 1992 und „Art Miami“ 2000. Seither gilt er als Jungstar der deutschen Kunstszene und Vetreter, der „Neuen Leipziger Schule“, die das „ Literarische, Erzählerische , Figürliche und Politische vereint“ ( Gerhart R. Baum Bundesinnen-minister a.D., Mai 2006 )
Kenner sind sich einig, dass die „Neue Leipziger Schule „ die zur Zeit stärkste und renommierteste Kunstbewegung in der aktuellen Kunstszene ist, in denen die jungen Künstler durch die dramatischen politischen Ereignisse der Wende geprägt worden sind.
Fragt man ihn heute, warum er so starke und reine Farben verwendet erstaunt die Antwort keineswegs:
„ In der DDR war einfach alles nur grau. Als Kind träumte ich davon , ein Feuerwehrauto zu klauen, es mit gelber, roter und grüner Farbe zu füllen, und diese auf die Häuser zu sprühen“( Landmarken 2007)
Feuerwehrautos sprühen in seinen Bildern Farben und löschen Brände in Krisen-gebieten der Welt oder des Lebens. Und Häuser hat er inzwischen schon viele angemalt . Er nennt sie Landmarken:
„... der Begriff wird häufig für Gebäude oder Landformationen benutzt, die ins Auge fallen und die man schon von weitem sehen kann. Landmarken geben mir die Möglichkeit, dauerhafte Veränderungen in der bestehenden Landschaft vorzunehmen. Häuser und Türme, die jahrzehntelang gleich ausgesehen haben, wandle ich um in Kunstwerke. Auf diese Weise entsteht ein spannender Blickfang, der ganzen Stadtteilen einen neuen Ausdruck verleiht.“ („ Landmarken 2007“)
Weg vom Beton, weg vom Größenwahn, die Städte müssen wieder zum Leben gebracht werden, Sichtbetonflächen sind ein ästhetisches Gedankenverbrechen..........
So sprudelt es aus ihm heraus, während er mit Blick auf die Großwandbemalung der Brühl Arkaden seinen Starbucks-Kaffe schlürft und ihm unzählige Passanten sein Meisterwerk fotografierend recht geben.